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Ulysses von James Joyce, der große Roman des letzten Jahrhunderts, wird immer mal wieder genannt, wenn es darum geht, zu listen, welches Buch nun tatsächlich das beste, das einflussreichste überhaupt ist.
Aber was heißt das schon, erster zu sein? Was im Sport gewiss eine große Herausforderung sein mag, sollte im Bereich der Kunst doch nicht von Belang sein. Wie auch immer, auffällig ist, dass Ulysses keine leicht zu lesende Lektüre ist. Selbst erfahrene Literaturrezensenten tun sich schwer damit, manche geben zu, das Buch nie komplett gelesen zu haben. Als ich Ende des Jahres 2020 den gezeichneten Ulysses des Wiener Comiczeichners Nicolas Mahler in die Hände bekam, erwachte umgehend in mir die Lust, sich dem Werk ebenfalls anzunähern. Allerdings nicht, indem ich es als Ganzes lesen oder gar verstehen wollte, sondern ich wählte, so wie Mahler, den Seiteneinstieg – aber auf meine Weise. Als das große Werk von James Joyce dann schließlich in gebundener Form vor mir liegt, schlage ich irgendwo eine Seite auf und beginne zu lesen. Kurze Zeit später setzte ich die Lesung an einer anderen Stelle fort, anschließend noch einmal 120 Seiten weiter hinten und so fort. Es eröffnet sich für mich eine nebulöse Welt. Die Handlung zieht sich gerade mal über einen Tag. Aber nicht einmal die jeweilige Tageszeit ist auszumachen. Die im Text vorkommenden Menschen, das was sie denken und tun, Orte, Ereignisse die sich daraus entwickeln, nichts kann ich klar identifizieren. Jede Szenerie, der große Rahmen, alles bleibt rätselhaft. Eine wunderbare Ausgangssituation, um darauf zeichnerisch zu reagieren. Nicht abstrakt, sondern figürlich, zumeist realistisch gezeichnet, schaffe ich in vielen einzelnen Motiven eine Gegenwelt, die ebenso uneindeutig wie skurril erscheinen soll. Keine Illustration eines Ortes oder eines beschriebenen Ereignisses, sondern nur eine gezeichnete Assoziation, die auf den Text reagiert, aber nicht weiter auf beschriebene Konstellationen und Situationen des Inhaltes eingeht. So entstehen, die Arbeit darin ist noch im Fluss, etliche kleine Zeichnungen (nicht größer als 16 x 20 cm, hochformatig) in ver- schiedenen Techniken. Zunächst nur als „Fingerübung“ gedacht, beschreiben die unterschiedlichen Ansätze jeder einzelnen Zeichnung und nebeneinander liegend in ihrer Gesamtheit eine inspirative Welt, die synergetisch wieder auf andere Projekte wirkt.